Meine letzte Fantasie

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Bin ich zu alt? Zu abgebrüht? Zu emotional verkümmert? Soll ich mein Game-Hobby an den Nagel hängen? Dieses und noch vieles mehr habe ich mich in den letzten paar Nächten gefragt. Der Grund: ich mag Final Fantasy 13 nicht, trotz der wunderschönen Grafik und der bis ins klitzekleinste Detail durchgerenderten Zwischensequenzen auf Pixar-Niveau. Dabei wollte ich es mögen, grad weil ich eine Grafiknutte bin. Aber nach 15 Stunden kann ich den Kampf-Emos einfach nicht mehr länger zusehen und schon gar nicht zuhören. Mehr noch, ich wünsche ihnen eine tiefschürfende Begegnung mit dem dauerwütenden griechischen Göttermetzger Kratos. Mit ausdrücklicher Betonung auf tiefschürfend.

Dabei hätten bei mir schon beim Durchlesen der ersten Kritiken die Alarmglocken schrillen sollen. Die waren zwar allesamt positiv, machten aber auch klar, dass das aktuelle Final Fantasy nichts mehr mit den alten Teilen gemein habe. Es sei streng linear, sämtliches aufleveln abseits des Hauptpfades würde komplett entfallen, man könne das Spiel wie einen Film geniessen. Klang in meinen Ohren eigentlich alles gut, ich bin kein Fan von stundenlanger Charakterpflege, ich mag schnelle Erfolge und einer filmähnlichen Aufmachung bei Spielen bin ich ganz und gar nicht abgeneigt.

Nur verpufft auch die cineastischste Inszenierung im Nichts, wenn die Hauptcharaktere allesamt dauerjammernde Labertaschen sind, die jede noch so minimale Änderung in ihrem Gefühlsleben mit zehnminütigen Monologen in Grund und Boden quatschen. Klar, die bisherigen Teile hatten auch die Tendenz zur Gefühlsduselei, das hatte da aber noch Charme, was vielleicht nicht zuletzt daran liegt, das die Dialoge in den Teilen 1-9 noch in Textboxen abgespult wurden. Und nicht von mittelmässigen Synchronsprechern, die für Gefühlsausdrücke wie Überraschung, Erschöpfung und Trauer ein und denselben Stöhnausdruck verwenden Damals wurden die Charaktere auch noch nicht durch ihre Frisur oder bis ins letzte filigrane Detail ausgearbeiteten Schmuck definiert, sondern durch ihr Handeln, ihre Macken und ihre liebenswerten Frotzeleien untereinander. Man konnte seine Ausrüstung auch noch in einem liebevoll gestalteten Laden einkaufen und nicht in einem schwebenden Speicherchip. Und man durfte auch noch die Spielwelt erforschen, während man im neuen Teil abseits des Hauptweges soviel unternehmen kann wie in einem U-Bahn-Tunnel ohne Ausgänge.

Nö danke, FF13, dann bin ich halt zu alt. Oder zu retro. So oder so: das Wetter ist grad eh zu schön, um vor der Glotze zu sitzen.